WISSENSCHAFT IM TREND: Was verrät die Wissenschaft über all die gescheiterten Neujahrsvorsätze?

Forschende sind seit Jahrzehnten fasziniert von grauenhaften Vorsätzen.

Wir alle haben uns in dieser Jahreszeit schon einmal Vorsätze gesetzt und sie mal mehr und mal weniger erfolgreich durchgezogen. In Wahrheit brechen wir die meisten Vorsätze, doch wir setzen trotzdem immer neue. Auch die Zahlen sprechen nicht für uns.

Eine neue Studie hat ergeben, dass 58 % der Bevölkerung im Vereinigten Königreich (30 Millionen Erwachsene) sich Neujahrsvorsätze für 2023 vornehmen wollten. Die meisten drehten sich wenig überraschend um Gesundheit und Finanzen.Wie viele werden wohl eingehalten? Eine ältere Umfrage zeichnet ein ernüchterndes Bild. Eine Studie mit etwa 800 Millionen Aktivitäten der Fitness-App Strava ergab, dass fast 80 % der guten Vorsätze bis zum 19. Januar aufgegeben wurden.

Dieses immense Verlangen nach Selbstverbesserung im Dezember und Januar fasziniert Dr. John Norcross, dem Begründer der Forschung zu Neujahrsvorsätzen. „Es interessiert mich, wie Menschen sich von selbst ändern“, berichtete er dem „The Wall Street Journal“.

Dr. Norcross hat in den 1980er-Jahren eine Studie zu Vorsätzen durchgeführt. Nach sechs Monaten hielten noch etwa 40 % der 200 Freiwilligen an ihren Vorsätzen fest. Nach zwei Jahren fiel der Anteil auf 19 %. In den 1990er-Jahren folgte ein Experiment mit 159 zufällig ausgewählten Personen mit Vorsätzen und 123 ohne. Erneut hielten etwa 40 % durch.

Auch die preisgekrönte Verhaltenswissenschaftlerin Katherine Milkman, Professorin an der The Wharton School der Universität Pennsylvania in den Vereinigten Staaten, führte mehrere Experimente durch. „Mein Team und ich haben festgestellt, dass man bei Neuanfängen – also an Tagen wie Silvester – besonders motiviert ist, Ziele anzugehen, da man das Gefühl hat, vergangene Fehler auszugleichen“, erzählt sie „CNN“. „Vielleicht hat man sich im vergangenen Jahr vorgenommen, das Rauchen aufzugeben, fit zu werden oder zu einer vernünftigen Zeit ins Bett zu gehen, und hat das nicht geschafft. Bei einem Neuanfang wie Silvester kann man dieses Versagen in ein vergangenes Kapitel verbannen und sich einreden, das wäre das alte Ich gewesen und das neue Ich wird ganz anders.“Doch warum scheitern noch immer so viele Menschen an diesem jährlichen Ritual? Es wurde nur wenig zu diesem Thema veröffentlicht.

Per Carlbring, ein Professor für Psychologie an der Universität Stockholm, hat in seinen Artikeln in der Fachzeitschrift „PLOS ONE“ einige Erkenntnisse dargelegt. Seine Forschung ergab, dass der Erfolg von Vorsätzen von deren Formulierung abhängt.

Prof. Carlbring schreibt: „In vielen Fällen würde es schon helfen, die Vorsätze anders auszudrücken. Wenn Sie zum Beispiel weniger Süßigkeiten essen wollen, um abzunehmen, wird es wahrscheinlich besser klappen, wenn Sie sich stattdessen sagen: ‚Ich werde mehrmals am Tag Obst essen‘. Dann ersetzen Sie Süßigkeiten durch etwas Gesünderes, was wahrscheinlich zu Gewichtsverlust führt und damit ihren guten Vorsatz erfüllt. Man kann ein Verhalten nicht einfach löschen, aber es lässt sich ersetzen.“

Prof. Pragya Agarwal der Universität Loughborough im Vereinigten Königreich drückte es in ihrem Artikel in „The Conversation“ anders aus: „Einer der Hauptgründe für gescheiterte Vorsätze ist, dass sie schwammig sind. Sie drehen sich um nicht messbare Eigenschaften wie Gesundheit, Glück (ohne Klarstellung, was das bedeutet) oder mehr Geld (ohne exakten Betrag oder Plan).“


veröffentlicht: 2023-02-28
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