Eine EU-Initiative hilft Bürgerinnen und Bürgern, sich an Prozessen zum Ausbau des Stromnetzes zu beteiligen, um die Entwicklung hin zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft einfacher zu gestalten.
Es besteht gemeinhin ein Konsens darin, dass eine emissionsarme Wirtschaft für die Bekämpfung des Klimawandels wichtig ist. Eine offenkundige Möglichkeit hierfür ist die Modernisierung unserer Stromübertragungsnetze, damit Strom sicherer, günstiger und nachhaltiger wird. Doch obwohl dies in der Theorie einfach erscheinen mag, sind die Dinge in der Realität nicht immer so simpel. Neue Netzprojekte sind häufig mit heftiger Gegenwehr durch die betroffenen Organisationen und Gemeinden konfrontiert. Wenn diese Gegenwehr und ein langwieriges Verfahren für die Einholung der erforderlichen Genehmigungen, das bis zu zehn Jahre dauern kann, zusammenkommen, verzögern sich viele dieser Projekte oder werden sogar zurückgestellt.
Warum wehren sich die Menschen gegen diese Projekte? Einer der Gründe ist, dass Interessengruppen – lokale, regionale und nationale Regierungen, Industrie, Umweltorganisationen und Anwohner – oftmals das Gefühl haben, dass ihre Sichtweisen und Anliegen nicht berücksichtigt werden. Um das Problem anzugehen, schuf das EU-finanzierte Projekt INSPIRE-GRID (Improved and eNhanced Stakeholders Participation In Reinforcement of Electricity Grid) mehrere Tools, die es ermöglichen, dass bei der Planung und dem Genehmigungsverfahren für den Netzausbau alle Stimmen gehört werden. Die Lösung des Projekts für eine stärkere Miteinbeziehung von Interessengruppen hat das Potenzial, eine bessere Konfliktlösung und ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren zu ermöglichen.
Tools für Informationen und Zusammenarbeit
Die Herausforderung für das Projektteam bestand darin, Bürgern dabei zu helfen, fundierte Meinungen zu komplexen Sachverhalten zu gewinnen, indem Möglichkeiten zur Überwindung der Informationslücke zwischen Stromnetzexperten und allgemeiner Öffentlichkeit gefunden werden. Die Lösung für diese Herausforderung war die Kombination von Methoden für eine einfachere Entscheidungsfindung mit hochmodernen Tools, welche die Zusammenarbeit zwischen allen Interessengruppen erleichtern.
Eines dieser Tools, die Internetschnittstelle für das geographische Informationssystem (GIS), ermöglicht es Anwohnern, die möglichen Wege einer Stromleitung zu visualisieren und eigene Sichtweisen hierzu darzulegen. Bei der Planung von Schweizer Übertragungsleitungswegen und einer Stromleitung, die durch Windkraft erzeugte Energie vom Norden in den Süden Deutschlands leitet, wurde ein GIS verwendet.
Weitere INSPIRE-GRID-Tools sind den Schwierigkeiten gewidmet, die voraussichtlichen Vorteile eines Projekts zu kommunizieren, die auf lokaler Ebene womöglich nicht immer auf Anhieb sichtbar sind. Das Tool des Projekts zur Ökobilanz hilft Interessengruppen dabei, die Umweltauswirkungen zukünftiger Stromleitungen zu sehen. Es erklärt zudem, warum ein Netzausbau erforderlich ist, etwa um erneuerbare Energie in das System einzuspeisen oder um Stromunterbrechungen und -ausfälle zu reduzieren. Seit dem Ende des Projekts im Jahr 2017 sind solche Tools bereits in einer realen Umgebung verwendet worden.
Auf einem INSPIRE-GRID Poster, das auf der „ResearchGate“-Website veröffentlicht wurde, sind mehrere aussichtsreiche Schlussfolgerungen über die Miteinbeziehung von Interessengruppen in zukünftige Netzausbauprojekte angegeben. Darin heißt es, die „frühe, faire und vertrauenswürdige Miteinbeziehung von Interessengruppen kann die Akzeptanz [für neue Netzprojekte] steigern“. Überdies ist von einer „sorgfältigen Auswahl von Methoden zur Miteinbeziehung von Interessengruppen“ und der Anwendung „partizipativer Entscheidungsfindungsmethoden zur Schaffung integrativerer Entscheidungen“ als wichtiger Erwägungsgründe die Rede. Eines ist sicher: Die Anwendung dieser Methoden kann nicht weniger als ein positives Sprungbrett für eine energieffizientere und emissionsarme Wirtschaft sein.
Weitere Informationen:
INSPIRE-GRID-Projektwebsite