Eine EU-finanzierte Initiative erzielte durch einen Prozess zur Verwendung von Kohlendioxid (CO2) als Ausgangsstoff in einer Vielzahl von Produkten große Fortschritte bei der Einsparung fossiler Ressourcen und bei der Minderung des Treibhauseffekts.
Bereitet Ihnen der Klimawandel schlaflose Nächte? Wie wäre es, wenn Sie Ihren Beitrag für die Umwelt leisteten, indem Sie sich für den Schlaf auf einer aus nachhaltigen Quellen stammenden Schaumstoffmatratze entscheiden, die CO2 enthält? Wie wäre es, wenn sich das Innere von Gebäuden ebenfalls mit einem Material dämmen ließe, das dieses Treibhausgas nutzt? All dies ist dank einer innovativen Kohlenstoffabscheidungs- und Kohlenstoffverwertungstechnik möglich, die auf fossilen Ressourcen basierendes Material zur Verwendung in der chemischen Industrie und Kunststoffindustrie teilweise mit CO2 ersetzt.
Der neuartige Prozess, der im Rahmen des EU-finanzierten Projekts Carbon4PUR (Turning industrial waste gases (mixed CO/CO2 streams) into intermediates for polyurethane plastics for rigid foams/building insulation and coatings) entwickelt wurde, zielt auf die Verwendung von CO2- und CO (Kohlenmonoxid)-Mischungen ab, die während der Stahlproduktion erzeugt werden, um Polyole – wichtige Bestandteile Polyurethan-basierter Dämmstoffe und Beschichtungen, die ansonsten aus Rohöl gewonnen werden – herzustellen. Das Wertschöpfungspotenzial des Projekts für die Industrie und dessen Beitrag zur Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft durch die Weiterverwendung von CO2 wurde ebenfalls mit einer Nominierung für den Deutschen Zukunftspreis 2019 anerkannt. Ein Team mit Mitgliedern von dem Carbon4PUR-Koordinator Covestro und dem Projektpartner RWTH Aachen war unter den drei für die Auszeichnung durch den deutschen Bundespräsidenten für Innovationen im Bereich Wissenschaft und Technik Nominierten. „Die drei Nominierten haben ein katalytisches Verfahren entwickelt, mit dem sich Kohlendioxid aus Abgasen zu marktfähigen Kosten als Ausgangsmaterial für die chemische Industrie nutzen lässt“, heißt es in einer Pressemitteilung auf der Website des Deutschen Zukunftspreises.
Die Industriesymbiose des Carbon4PUR-Projekts ist ein zentraler Bestandteil der CO2- und CO-Verwertung und kann zur Einsparung von Treibhausgasemissionen beitragen. Dieser Begriff bezeichnet eine Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Sektoren oder Organisationen, bei der Materialien, Energie, Wasser, Nebenerzeugnisse und Abfall ausgetauscht werden. Im Falle von Carbon4PUR stehen Ströme mit CO2/CO-Inhalten im Fokus, bei denen CO2-Abfall aus der Stahlindustrie als Ausgangsstoff in der chemischen Industrie zur Herstellung verschiedener Produkte genutzt wird. „Dazu gehören zum Beispiel Weichschäume für Matratzen oder Polster, sowie Bindemittel und Klebstoffe“, heißt es auf der Website des Deutschen Zukunftspreises. Zu den weiteren Anwendungsbereichen zählen Hartschaumstoffe, die in Dämmmaterial und Elastikfasern für Textilien und Lösemittel verwendet werden. „Der Clou dabei: Der Bedarf an fossilen Rohstoffen für die Herstellung der Polyole sinkt ebenso wie der Energiebedarf über die Wertschöpfungskette. Entsprechend verringert sich der Ausstoß an klimaschädlichem Gas an dieser Stelle.“
Auf der Website des Deutschen Zukunftspreises heißt es weiter: „Um die Vorzüge des geschaffenen Kohlenstoff-Kreislaufs auch bei der Fertigung im industriellen Maßstab aufzuzeigen, betreibt Covestro in Dormagen seit 2016 eine Pilotanlage für die Herstellung von Polyolen mit einem Kohlendioxid-Anteil von bis zu 20 Prozent.“ Die Anlage kann „bis zu 5 000 Tonnen CO2-basierter Polyole jährlich erzeugen“.
Das laufende Projekt Carbon4PUR wird voraussichtlich Ende 2020 abgeschlossen. Die Vision stimmt mit dem Grünen Deal für Europa überein, der von Ursula von der Leyen, der nächsten Präsidentin der Europäischen Kommission, vorgeschlagen wurde. In einer Rede sagte von der Leyen, die den Grünen Deal als ein „Muss für die Gesundheit unseres Planeten und unserer Bevölkerung – und für unsere Wirtschaft“, bezeichnete: „Falls wir unseren Job gut machen, wird Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt sein.“
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