Ein EU-finanziertes Forschungsteam veröffentlichte die vorläufigen Ergebnisse zu einem ersten Feldtest für die geothermische Stromerzeugung in einem Erdölbrunnen in Frankreich.
Geothermische Energie ist eine enorme, aber zu wenig genutzte erneuerbare Energiequelle in Europa. In der Wissenschaft geht man davon aus, dass geothermische Energie pro Jahr Einsparungen in Höhe von 1 000 Millionen Tonnen CO2 ermöglichen kann.
Mit dem Ziel, die Erzeugung dieser Energieform zu steigern, wird im Rahmen des EU-finanzierten Projekts MEET (Multidisciplinary and multi-context demonstration of EGS exploration and Exploitation Techniques and potentials) daran gearbeitet, zu zeigen, dass verbesserte geothermische Systeme (EGS) in verschiedenen Arten von geologischen Umgebungen ein sinnvolles und nachhaltiges Instrument für die Strom- und Wärmeerzeugung darstellen. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte das Team vom Projekt MEET vor Kurzem die vorläufigen Ergebnisse zu einem Feldtest, der die Stromerzeugung über Erdölbrunnen beinhaltete.Brunnen werden üblicherweise in geothermischen Anlagen gebraucht, doch die Ölbohrung kann kostspielig sein. Die Verwendung bestehender Erdölbrunnen für solche Anlagen kann die Kosten mindern und die Nutzung geothermischer Energie fördern. Erdölbrunnen können für die alleinige Erzeugung geothermischer Energie umgewandelt oder zur gekoppelten Erzeugung von Öl und Wärme genutzt werden. Auf reifen Ölfeldern geht die Ölproduktion mit einer Menge heißer Sole einher. Nachdem das Öl und die Sole an der Oberfläche mittels Schwerkraft getrennt wurden, wird die heiße Sole normalerweise wieder in das Becken geleitet. Falls die Wärme allerdings extrahiert wird, bevor die Sole wieder zurückgeleitet wurde, kann sie zur Erzeugung von Heizenergie oder Strom genutzt werden.
Das MEET-Team veröffentliche jüngst Ergebnisse in Bezug auf eine Prüfanlage mit organischem Rankine-Kreislauf (ORC) im kleinen Maßstab, die aus einem Erdölbrunnen auf dem Ölfeld Chaunoy im Pariser Becken, Frankreich, Strom erzeugt. Das von Projektpartner Vermilion betriebene Chaunoy-Feld ist ein ausgereiftes Ölfeld, das aus 32 Brunnen über 95 % Wasser produziert.
Der Brunnen, der für die Pilotanlage zur geothermischen Stromerzeugung ausgewählt wurde, hat die Bezeichnung CNY40. Laut einem Newsletter, der auf der Projektwebsite veröffentlicht wurde, produziert der Brunnen pro Tag 500 m3 Flüssigkeit bei 92 °C, davon sind 490 m3 Sole und 10 m3 Öl. „Die Turbine von [Projektpartner] ENOGIA für die Stromerzeugung… lässt sich recht einfach an der Leitung installieren, die Öl, Gas und Wasser vom Bohrlochkopf an das Verteilersystem transportiert“, heißt es in dem Newsletter. „Zwei elastische Schläuche führen an der Leitung vorbei und ermöglichen, dass Flüssigkeit der Turbine zufließen und von dieser abfließen kann.“
Hierbei wird das Antriebsprinzip eines thermodynamischen Kreisprozesses beachtet: „Die erzeugte Flüssigkeitstemperatur wird dazu verwendet, eine andere Flüssigkeit, das sogenannte Arbeitsmedium, zu erhitzen und bei hohem Druck zum Kochen zu bringen. Dieser Dampf wird drucklos gemacht, um mechanische Arbeit zu erzeugen, die letztlich dank eines Generators in Strom umgewandelt wird. Die erzeugte Flüssigkeit wird bei etwas geringerer Temperatur wieder der Produktionsleitung zugeführt.“Eine Studie zu der von der ORC-Turbine im Juni 2020 in CNY40 erzeugten Bruttoleistung zeigte, dass die Ausgangsleistung zyklisch ist. Der Grund hierfür ist, dass die Leistung auf der Umgebungstemperatur basiert, die nachts kälter als am Tag ist. Außerdem verbesserte sich die Turbinenleistung, als Ende Juni ein Teil des Arbeitsmediums entfernt wurde. Anfang September verzeichnete die Turbine eine Bruttoleistung von durchschnittlich 15 kW und eine durchschnittliche Nettoausgangsleistung von 7 kW.
MEET möchte die Flüssigkeiten von EGS-Anlagen und Erdölbrunnen mit geringer Temperatur (60-90 °C) nutzen, um zu demonstrieren, dass die kostengünstige Strom- und Wärmeerzeugung im kleinem Maßstab nach oben skaliert werden kann. Das Projekt endet im Oktober 2021.
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