Die genetische Vielfalt von Pflanzenarten und ihre Rolle bei der Bekämpfung von Krankheiten

Ein EU-finanziertes Team untersuchte ein recht verbreitetes Ackerwildkraut, um herauszufinden, warum einige Pflanzen mit mehr Viren infiziert sind als andere. Sie entdeckten, dass die Antwort in den genetischen Unterschieden der Pflanze liegt.

Viren sind überall im Tier- und Pflanzenreich zu finden. Aber warum sind manche Individuen anfälliger für Krankheiten als andere? Mit fortschrittlichen Techniken und Werkzeugen haben vom EU-finanzierten Projekt RESISTANCE (Resistance evolution in response to spatially variable pathogen communities) unterstützte Forschende im Pflanzenreich nach Antworten gesucht.

In einer kürzlich durchgeführten Studie, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht wurden, stellten die Forschenden fest, dass eine Reihe verschiedener Viren wahrscheinlich denselben Wirt infizieren. Sie entdeckten auch, dass der wichtigste die Virusvielfalt in der Natur beeinflussende Faktor das Erbgut oder der Genotyp des Wirts ist. Angesichts des raschen Rückgangs der genetischen Vielfalt natürlicher Populationen könnten Arten anfälliger für Infektionen und Aussterben werden.

Die Wissenschaft weiß bereits, dass genetische Unterschiede eine Rolle bei der Resistenz eines Tieres oder einer Pflanze gegen ein bestimmtes Virus spielen können. Die meisten Organismen sind jedoch Wirte von mehr als einer Art von Krankheitserregern. „Die Berücksichtigung dieser Infektionsvielfalt ist für das Verständnis und die Vorhersage der Krankheitsdynamik und Infektionskosten für den Wirt notwendig“, erklärte Prof. Anna-Liisa Laine in einer auf der Website des Projektpartners, der Universität Helsinki, veröffentlichten Pressemitteilung. Das Team des Projekts RESISTANCE hat nun bewiesen, dass genetische Unterschiede stark die Virusvielfalt eines Individuums beeinflussen. „Das deutet darauf hin, dass die Erschöpfung der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art erhebliche Konsequenzen für das Risiko einer Virusinfektion haben kann“, stellte sie fest.

Die in der Studie verwendete Pflanze war Plantago lanceolata, allgemein bekannt als Spitzwegerich. Das Team des Projekts RESISTANCE erstellte durch Vermehrung seiner Wurzeln 80 Klone aus jeder der vier verschiedenen Varianten des Ackerwildkrauts. Die Klone wurden dann während einer saisonalen Virusepidemie an vier Orten auf den Ålandinseln der Ostsee unter natürlichen Spitzwegerich-Populationen platziert. „Wir platzieren identische Pflanzen in unterschiedlichen Umgebungen und halten alles andere konstant. Dadurch können wir die Rolle der Genetik genau testen“, erklärte Prof. Laine.

Während des Experiments wurden zweimal – nach jeweils zwei und sieben Wochen – Blätter gesammelt, um herauszufinden, welches der fünf häufigsten Pflanzenviren die Spitzwegerichklone infiziert hatte. Die Forschenden fanden heraus, dass 68 % der 320 Wirtspflanzen mit mindestens einem Virus infiziert waren. Von diesen infizierten Individuen beherbergten 23 % mehr als einen Virus. Insgesamt gab es 17 verschiedene Kombinationen von einem bis vier Viren in einer einzelnen Pflanze.Aufgrund einer Reihe von Faktoren wie Genetik, Pflanzengröße, Standort, Schädigung durch Pflanzenfresser und Virus-Virus-Wechselwirkung schienen die Unterschiede in der Viruszusammensetzung der Pflanzen am stärksten von der genetischen Ausstattung der Wirte betroffen zu sein. „Das zeigt zum ersten Mal, dass genetische Unterschiede, höchstwahrscheinlich bei Immunitätsgenen, entscheidend dafür sind, wie sich diese verschiedenen Pathogengemeinschaften in Wirten zusammensetzen“, kommentierte Prof. Laine. „Einer der nächsten Schritte wird nun die Identifizierung der zugrunde liegenden Gene sein.“

Die Erkenntnisse des Teams RESISTANCE zeigen, dass der Diversitätsverlust Arten anfälliger für Virusinfektionen werden lässt. Das kann zum Aussterben einiger Arten führen. Die Ergebnisse der Studie könnten auch die landwirtschaftlichen Verfahren mit dem Ziel der Verbesserung der Virusresistenz von Kulturpflanzen beeinflussen. „Die Einbeziehung der genetischen Vielfalt in Bodennutzungssysteme sollte als nachhaltiges Mittel zur Bekämpfung von Krankheiten in der Landwirtschaft angesehen werden. Denn es geht nicht nur um einzelne Schädlinge, sondern um ganze Krankheitserregergemeinschaften“, schlussfolgerte Prof. Laine.

Weitere Informationen:

Projekt RESISTANCE


veröffentlicht: 2020-11-10
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