Die neuartige Technologie für die Präzisionsaquakultur eines EU-finanzierten Teams hilft Landwirtschaftsbetrieben, Probleme mit der Wasserqualität vorherzusagen, welche die Muschel- und Austernkultur beeinträchtigen und zu Standortschließungen führen könnten.
Die Aquakultur ist der weltweit am schnellsten wachsende Sektor der Tierfutterproduktion. Aber in der Vergangenheit hinkte sie anderen Lebensmittelsektoren bei der Einführung effizienterer Informationssysteme hinterher. Angetrieben von der Vision einer nachhaltigen Entwicklung führt der Aquakultursektor jetzt schnell Technologien ein, die eine umweltfreundlichere und effizientere Verwaltung von Fischfarmen erlauben.
Ein solcher Innovationsbereich ist die Präzisionsaquakultur. Diese Technologie nutzt eine Vielzahl von miteinander verbundenen Sensoren, um die Bedingungen der Fischfarmen zu überwachen und Landwirtschaftsbetrieben dabei zu helfen, Entscheidungen zu treffen, welche die Fischgesundheit und den wirtschaftlichen Ertrag optimieren und gleichzeitig die Umweltauswirkungen minimieren. Mit anderen Worten, Präzisionsaquakultur hat das Potenzial, die Aquakulturindustrie zu verändern.
Ein auf der Website „Global Seafood Alliance“ kürzlich veröffentlichter Artikel konzentriert sich auf die nachhaltige Produktion von kultivierten Schalentieren – Muscheln und Austern – mit dieser Technologie. Der Artikel ist der fünfte in einer Serie über Präzisionslandwirtschaft mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts GAIN. Nach vier Artikeln über die Präzisionsaquakultur und ihre Anwendung in der Forellenzucht, die Mittelmeer-Wolfsbarsch- und Brassenindustrie sowie die Lachsindustrie, befasst sich dieser neueste Artikel mit der Schalentierzucht.In dem Artikel werden die vom GAIN-Team entwickelten neuartigen Werkzeuge für die Präzisionsaquakultur diskutiert, die bei der Vorhersage von Problemen mit der Wasserqualität helfen, welche sich auf die Schalentierkultur auswirken und zu Standortschließungen führen. „Die Produktion von kultivierten Schalentieren hängt von optimalen Wasserqualitätsbedingungen ab, die häufig außerhalb der Kontrolle von Landwirtschaftsbetrieben liegen. Spezifische Wasserqualitätsprobleme wie Algenblüten, Nährstoffauftrieb oder städtischer Abfluss können zu behördlichen Schließungen von Schalentierstandorten führen, um zu verhindern, dass kontaminierte Schalentiere in Märkte gelangen, was schwerwiegende wirtschaftliche Folgen für die Landwirtschaftsbetriebe haben kann. Das Ausmaß und die Intensität dieser Probleme sind schwer vorherzusagen, da sie durch komplexe Kombinationen mehrerer und interagierender Faktoren verursacht werden“, erklärt die Autorschaft.
Um die Schalentierzuchtbetriebe mit einem Frühwarnsystem zu versorgen und bessere Vorhersagen sowie Verwaltungsentscheidungen zu fördern, verwendete das Team zur Modellierung der Umweltbedingungen auf maschinellem Lernen basierende Werkzeuge. Die für die Modellierung verwendeten Daten umfassten in-situ-Umweltsensoren, Satelliten- und offene Ozeandaten, Wetterdaten sowie Temperatur- und Strömungsmuster, die alle mit Daten aus früheren Standortschließungen verglichen werden. Datenquellen wurden in eine Cloud-basierte Plattform integriert, die eine Echtzeitüberwachung von Schalentier-Aquakulturstandorten ermöglicht.
„In die Modellierung und das maschinelle Lernen wurden auch erforderliche Daten für gesetzliche Anforderungen an die Landes- und EU-Gesetzgebung einbezogen, darunter die Wasser-Rahmenrichtlinie („guter ökologischer Zustand“) und die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie („guter Umweltzustand“). Die Speicherung der Daten in einer zentralen Cloud-basierten Lösung wird den Betrieben auch helfen, Nachhaltigkeitszertifizierungen zu erlangen“, heißt es in dem Artikel.
Die Versuche wurden am Pilotstandort Sagres an der Algarve-Küste im Südwesten Portugals durchgeführt. Der Einsatz von maschinellem Lernen zur Bildung standortspezifischer Vorhersagemodelle macht die Technologie jedoch leicht an Schalentierfarmen an anderen Standorten anpassbar.
Die Forschung stellte große Unterschiede fest „zwischen Standorten, welche die Notwendigkeit für Modellierungsverfahren und maschinelles Lernen hervorhoben, das für jeden Standort und seine Geschichte spezifische Daten verwendet, um Schließungsbedingungen vorherzusagen“. Basierend auf halbautomatischem maschinellem Lernen ermöglichen die Präzisionswerkzeuge des Teams für die Aquakultur „dieses Maß an Genauigkeit“. Das Team von GAIN (Green Aquaculture Intensification in Europe) hat nun das Stadium der Endproduktprüfung für die Industrie erreicht.
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