Mehrere EU-finanzierte Umfragen haben ergeben, dass sich eine überraschend große Zahl an Menschen in drei europäischen Ländern für die Wiederverwendung von Wasser und Nährstoffen ausspricht.
Ekeln Sie sich vor dem Gedanken, recyceltes Abwasser zu trinken? Falls ja, dann sind Sie laut verschiedenen europäischen Umfragen in der Minderheit. Die im Rahmen des EU-finanzierten Projekts NextGen durchgeführten Befragungen haben gezeigt, dass sich die Bevölkerung beim Gedanken an die Wiederverwendung von Abwasser weniger ekelt als angenommen.
Mehr als 2 500 Bürgerinnen und Bürger in den Niederlanden, Spanien und dem Vereinigten Königreich wurden gefragt, was sie davon halten, Abwasser zu Trinkwasser zu recyceln und Nährstoffe aus dem Abwasser zu gewinnen, um Lebensmittel anzubauen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die negative öffentliche Wahrnehmung, die üblicherweise als Hindernis für groß angelegte Projekte zum Wasserrecycling angeführt wird, vielleicht doch kein so großes Hindernis darstellt.
Die von der Projektpartnerin von NextGen, der Universität Cranfield im Vereinigten Königreich, durchgeführten Umfragen ergaben, dass 75 % der Befragten in den Niederlanden das Recycling von Wasser zur Trinkwassergewinnung befürworten oder stark befürworten. In Spanien und dem Vereinigten Königreich sah es nicht viel anders aus: Dort sprechen sich 73 % bzw. 67 % für die Wiedernutzung von Abwasser aus. Die Akzeptanz für den Nahrungsmittelanbau mithilfe von Nährstoffen, die aus Abwasser wiedergewonnen werden, fiel sogar noch höher aus. In den Niederlanden sprachen sich erneut 75 % der Befragten dafür aus, in Spanien und im Vereinigten Königreich waren es 85 % bzw. 74 %.
„Wir haben uns die Beweggründe hinter den Reaktionen der Menschen angeschaut und es gibt einen starken Einfluss dessen, was wir soziale Normen nennen“, so Dr. Heather Smith von der Universität Cranfield in einer Pressemitteilung, die auf der Website des ‚Smart Water Magazine‘ veröffentlicht wurde. „Die Ansichten zu recyceltem Wasser wie auch zur Nahrung werden stark vom Glauben an ihre unmittelbaren Netzwerke beeinflusst.“Angesichts der dringenden Notwendigkeit, Konzepte der Kreislaufwirtschaft auch auf Wasser anzuwenden, spielt die Forschung eine wertvolle Rolle bei der Bewertung der öffentlichen Akzeptanz des Abwasserrecyclings. Aber wovon hängt diese Akzeptanz ab? Nach Aussage von Jos Frijns, leitender Forscher beim KWR Water Research Institute, dem Projektkoordinator von NextGen, hängt sie vom Vertrauen in ein Versorgungsunternehmen ab. „Ein Element bei der Akzeptanz des Abwasserrecyclings ist Vertrauen. Vertrauen in die Wasserqualität und persönliche Erfahrungen, aber auch Vertrauen in die Unternehmen, die den Dienst anbieten.“
Frijns führt die Niederlande als Beispiel an und verweist dabei auf die große Unterstützung, die das Recycling von Abwasser dort erfährt. „In den Niederlanden ist das Vertrauen in Regierungsstellen, die sich um die Umweltkontrolle und -qualität kümmern, sehr groß. Das trägt dazu bei, dass die Bürgerinnen und Bürger Initiativen zur Wiederverwendung vertrauen, was ein viel wichtigerer Faktor für eine höhere Akzeptanz sein kann als die reine Information und Aufklärung.“
Obwohl die Umfrageergebnisse beschwichtigend hinsichtlich negativer öffentlicher Reaktionen auf Abwasserrecycling- und Wiederverwendungsprojekte wirken könnten, glaubt Dr. Smith, „dass es eine längerfristige Strategie für die öffentliche Beteiligung geben muss.“ Sie fügt hinzu: „Die öffentliche Wahrnehmung derartiger Lösungen nachzuvollziehen, ist nur ein Teil des Puzzles.“
NextGen (Towards a next generation of water systems and services for the circular economy) hat Wasserversorger, Industriepartner, spezialisierte KMU, Forschungsinstitute, Technologieplattformen sowie städtische und regionale Behörden an einen Tisch gebracht. Ziel ist es, innovative Kreislaufwirtschaftslösungen für die Ressourcennutzung in der Wasserwirtschaft zu demonstrieren. Das Projekt endet im Juni 2022.
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