Begünstigen oder behindern Roboter die nachhaltige Entwicklung?

Eine neue Studie bringt uns auf den aktuellen Stand über die Vor- und Nachteile von Robotik und autonomen Systemen. Hintergrund ist die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung, die von den Vereinten Nationen (VN) verabschiedet wurden.

Robotik und autonome Systeme verändern die Welt. Bis vor Kurzem wurden die Chancen und Gefahren, die sie darstellen, jedoch nicht systematisch in Bezug auf die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen betrachtet. Eine Bestandsaufnahme, die mit teilweiser Unterstützung der EU-finanzierten Projekte MEMMO und PERSEO durchgeführt wurde, hat nun dargelegt, wie sich Robotik und autonome Systeme auf die Umsetzung dieser VN-Ziele auswirken werden. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert.

„Robotik und autonome Systeme sind auf dem Vormarsch und werden die Art und Weise, wie wir miteinander, mit der Technologie und der Umwelt umgehen, grundlegend verändern. Dieser Wandel bietet viele potenzielle Vorteile für eine nachhaltige Entwicklung“, erklärt die Hauptautorin der Studie, Dr. Solène Guenat von der Universität Stuttgart, Deutschland, in einer Pressemitteilung, die auf der Website der Universität Leeds im Vereinigten Königreich veröffentlicht wurde. „Die Nutzung dieser Vorteile bei gleichzeitiger Minimierung unbeabsichtigter Folgen stellt allerdings eine komplexe Herausforderung dar“, fährt Dr. Guenat fort, die bereits während ihrer Zeit in Leeds mit der Forschung dazu begann. „Die frühzeitige Erkennung möglicher negativer Auswirkungen sowie die frühzeitige Zusammenarbeit und der kontinuierliche Dialog zwischen den Beteiligten werden uns helfen, Chancen zu nutzen und Schwierigkeiten zu vermeiden.“

An der Bestandsaufnahme waren 102 Sachverständige für Robotik, autonome Systeme und Ziele für nachhaltige Entwicklung aus 23 Ländern weltweit beteiligt. Die Antworten der Sachverständigen in Online-Umfragen, Gruppendiskussionen und Workshops wurden herangezogen, um die wichtigsten Chancen und Risiken von Robotik und autonomen Systemen zu bestimmen.Die Forschenden ermittelten fünf wichtige Möglichkeiten, die bei der Entwicklung, dem Einsatz und der Verwaltung von Robotik und autonomen Systemen zu berücksichtigen sind. Dazu gehört es, Menschen bei Aufgaben zu ersetzen, die unsicher sind, sich wiederholen oder für die es schwierig ist, Arbeitskräfte zu finden oder zu halten, sowie die Unterstützung menschlicher Tätigkeiten, z. B. durch die Verringerung der menschlichen Arbeitsbelastung bei Arbeitskräftemangel. Die Beteiligten waren außerdem der Ansicht, dass Robotik und autonome Systeme das Potenzial besitzen, durch die Beschleunigung von Forschung und Entwicklung einerseits Innovationen zu fördern und andererseits den Zugang zu verbessern, indem sie die derzeitigen Verkehrssysteme umgestalten und einen sichereren Zugang zu abgelegenen und/oder gefährlichen Gebieten gestatten. Schließlich können Robotik und autonome Systeme die automatische Überwachung und Datenerfassung verbessern und so in die Entscheidungsfindung einfließen und diese unterstützen.Es wurden vier Gefahren ermittelt, die die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung behindern könnten. Erstens könnten Robotik und autonome Systeme die bestehenden Ungleichheiten verstärken, da sie für viele Länder unerschwinglich sind und den Bedarf an gering qualifizierten Arbeitskräften senken. Zweitens könnten sie sich negativ auf die Umwelt auswirken, da für ihren großflächigen Einsatz Energie benötigt wird, Ressourcen für ihre Konstruktion verbraucht werden und bei ihrer Nutzung und Entsorgung Umweltverschmutzung entsteht. Es wurden auch Bedenken geäußert, dass Robotik und autonome Systeme Ressourcen von bewährten Ansätzen zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung abziehen und dass eine unzureichende Kontrolle ethische Fragen der Datennutzung aufwerfen könnte.

Der Hauptautor Prof. Martin Dallimer von der Universität Leeds erklärt in der Pressemitteilung: „Es gibt bereits vielversprechende Möglichkeiten, einige der festgestellten Gefahren, die Robotik und autonome Systeme darstellen könnten, zu entschärfen. Wenn es um Ungleichheiten geht, müssen beispielsweise mehr Frauen und Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund in die Lage versetzt werden, sich an der Entwicklung von Robotern zu beteiligen. Dies und eine stärkere Zusammenarbeit von technischen Fachkräften mit Fachleuten für nachhaltige Entwicklung würde sicherstellen, dass Robotik und autonome Systeme unter Berücksichtigung der Bedürfnisse verschiedener Gruppen entwickelt und eingesetzt werden. Geeignete Maßnahmen zur Eindämmung der potenziellen negativen Auswirkungen von Robotik und autonomen Systemen würden naturgemäß zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung beitragen.“

MEMMO (Memory of Motion) endete im Juni 2022. Das über vier Jahre laufende Projekt PERSEO (European Training Network on PErsonalized Robotics as SErvice Oriented applications) endet im Dezember 2024.

Weitere Informationen:

MEMMO-Projektwebsite

Projekt PERSEO


veröffentlicht: 2022-09-22
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