Der Nobelpreis für Physik geht im zweiten Jahr in Folge an zwei von der EU unterstützte Wissenschaftler – dieses Mal für bahnbrechende Versuche unter Verwendung von verschränkten Quantenzuständen.
Die Stipendiaten des Europäischen Forschungsrats (ERC) Alain Aspect und Anton Zeilinger haben den Nobelpreis in Physik 2022 gewonnen. Sie teilen sich den Preis mit einem dritten Preisträger, John Clauser, für ihre „Versuche mit verschränkten Photonen, die die Verletzung der Bellschen Ungleichungen demonstrieren und wegweisend für die Quanteninformatik sind.“
Die unabhängige Forschungsarbeit der drei Physiker im Bereich der Quantenverschränkung hat den Weg für neue Technologien auf Basis der Quanteninformatik geebnet. In der Quantenmechanik können zwei oder mehr Teilchen in einem verschränkten Zustand existieren, in dem das, was mit dem einem Teilchen geschieht, bestimmt, was mit dem anderen Teilchen geschieht – unabhängig davon, wie weit diese voneinander entfernt sind. Dieses als Quantenverschränkung bekannte Phänomen galt ursprünglich als unmöglich, und in der Forschung wurde angenommen, dass „versteckte Variablen“ beteiligt wären, die sich auf ihre Messungen auswirkten. Im Jahr 1964 entwickelte der Physiker John Bell schließlich eine mathematische Ungleichung, um zu zeigen, dass versteckte Variablen in Wirklichkeit nicht existieren.
Anfang der 1970er Jahre wandte der amerikanische Physiker John Clauser Bells Theorie an. Er zeigte, dass die Photonen in einem verschränkten Paar in Wechselwirkung stehen, obwohl sie physisch voneinander getrennt sind, und wies somit nach, dass versteckte Variablen die Auswirkungen der Quantenverschränkung nicht erklären konnten. Doch nach Clausers Versuch gab es immer noch mehrere Unklarheiten.Im Jahr 1981 gestaltete Alain Aspect ein Experiment, der eine wichtige Unklarheit bei Bells Versuch ausschloss. Durch die Verschränkung von zwei Photonen in einer Entfernung von zwölf Metern konnte er zeigen, dass die Photonen in Wirklichkeit nicht über versteckte Variablen miteinander kommunizieren. Prof. Aspect erhielt im Rahmen des EU-finanzierten Projekts QUANTATOP (Quantum Atom Optics from Entangled Pairs to Strongly Correlated Systems) Unterstützung für Forschung, die auf dieser wegweisenden Arbeit aufbaute. Daraus resultierten grundlegende Instrumente für Versuche im Bereich der Quantenoptik und für die Detektion und Manipulation einzelner Atome.Prof. Zeilinger erweiterte die Verwendung von verschränkten Quantenzuständen. Im Jahr 1997 demonstrierte seine Forschungsgruppe ein Phänomen namens Quantenteleportation, bei dem der Quantenzustand mittels Verschränkung von einem Teilchen auf ein anderes entferntes Teilchen übertragen werden kann. Mithilfe von ERC-Finanzmitteln im Rahmen des Projekts QIT4QAD (Photonic Quantum Information Technology and the Foundations of Quantum Physics in Higher Dimensions) entwickelte Prof. Zeilinger neuartige Technologien für die Quanteninformatik, demonstrierte neue Konzepte für Quantencomputer und führte grundlegende Versuche im Bereich der Quantenmechanik durch.
Mariya Gabriel, Europäische Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, erklärte in einer Pressemitteilung des ERC: „Herzlichen Glückwunsch an die neuen Nobelpreisträger! Wir sind insbesondere erfreut, dass Anton Zeilinger und Alain Aspect Finanzmittel durch den Europäischen Forschungsrat erhielten. Dies waren erneut hervorragende Nachrichten, nachdem der gestrige Nobelpreis an den ERC-Stipendiaten Svante Pääbo ging. Somit erhielten jetzt drei der diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger erhebliche Unterstützung durch EU-Finanzmittel. Es zahlt sich aus, in Spitzenforschende zu investieren und sie ihrer wissenschaftlichen Neugier folgen zu lassen!“
ERC-Präsidentin Prof. Maria Leptin bemerkte: „Herzliche Glückwünsche an die Gewinner! Sowohl Anton Zeilinger als auch Alain Aspect erhielten für ihre bahnbrechende Forschung Unterstützung durch den Europäischen Forschungsrat. Somit wurden jetzt zwölf vom ERC geförderte Forschende mit einem Nobelpreis gewürdigt. Es ist von entscheidender Bedeutung, den intelligentesten Köpfen die Freiheit zu geben, ihre besten Ideen zu ergründen.“
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