Ein neues Kurzdossier sendet eine eindeutige Botschaft: Die Lage der biologischen Vielfalt kann nur gebessert werden, wenn die biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung in der Landwirtschaft für die Landwirtinnen und Landwirte auch einen wirtschaftlichen Nutzen zeigt.
Die intensive und extensive Landwirtschaft zählen zu den Hauptursachen für den Rückgang der biologischen Vielfalt in Europa. Um dieses Problem zu bewältigen und zu einer nachhaltigeren landwirtschaftlichen Erzeugung überzugehen, haben viele EU-Mitgliedstaaten landwirtschaftlichen Flächen in ihren Erhaltungsmaßnahmen Rechnung getragen. Dies kommt der biologischen Vielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen zugute, die bedeutende Ökosystemdienstleistungen erbringt.
Doch wie wirken sich diese Ökosystemdienstleistungen auf die Landwirtschaft aus? Das EU-finanzierte Projekt SHOWCASE hat ein Kurzdossier veröffentlicht, das die Lage darlegt und in dem politische Empfehlungen ausgesprochen werden. Das Dossier sollte bei einer Nebenveranstaltung der 15. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt am 10. Dezember 2022 verteilt werden.
Laut dem Dossier bieten möglicherweise nur Ökosystemdienstleistungen wie Bestäubung, Schädlingsbekämpfung und Nährstoffkreislauf einen landwirtschaftlichen Nutzen. Dienstleistungen wie die CO2-Abscheidung, der Erhalt der biologischen Vielfalt, gesundheitliche Nutzen und Wasserreinigung hingegen sind öffentliche Güter, die für Landwirtinnen und Landwirte per se keine finanziellen Vorteile bringen. „Für landwirtschaftliche Betriebe sind die Kosten, die mit dem Erhalt oder der Förderung der biologischen Vielfalt verbunden sind, gleich hoch oder höher als der Nutzen, der sich aus Ökosystemdienstleistungen für sie ergibt“, heißt es in dem Bericht. Die Botschaft ist also eindeutig: „Eine Kehrtwende im Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt ist nur zu schaffen, wenn die biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung von Betrieben wirtschaftlich lohnenswert wird.“Das Dossier enthält mehrere politische Empfehlungen, um die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf den Erhalt der biologischen Vielfalt zu bekämpfen. So sollen zum Beispiel finanzielle Anreize für Landwirtschaftssysteme, die den Verlust der biologischen Vielfalt fortsetzen, allmählich eingestellt und neue Vorschriften eingeführt werden, die Lebensmittelverarbeitungsbetriebe und den Einzelhandel dazu verpflichten, mehr Erzeugnisse aus naturpositiven Unternehmen zu verarbeiten bzw. anzubieten. Subventionshilfen für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus biodiversitätsfördernden Landwirtschaftssystemen sollten zudem über den reinen Ausgleich von Einnahmeverlusten hinausgehen. Zu guter Letzt sollten Finanzmittel auf die Unterstützung von biodiversitätsfördernden Landwirtschaftssystemen umgelenkt werden. Ferner sollten politische Interventionen alle Beteiligten entlang der Lebensmittelkette in den Blick nehmen.
„Die Welthandelsregeln zwingen landwirtschaftliche Betriebe derzeit dazu, zu den niedrigstmöglichen Kosten zu produzieren“, so Prof. David Kleijn vom Projektkoordinator von SHOWCASE, der Universität Wageningen, Niederlande, in einer Pressemitteilung auf „EurekAlert!“. „Die Gesellschaft sollte anerkennen, dass wir von der Landwirtschaft nicht erwarten können, ihre Flächen biodiversitätsfreundlicher zu bewirtschaften, wenn sie das Gros der Kosten trägt, die Gesellschaft dafür aber die meisten Vorteile davon hat, wie mehr Wildtiere, saubereres Wasser und weniger Treibhausgasemissionen. Wenn wir ändern wollen, wie die Landwirtschaft funktioniert, sollten wir diese Veränderung für die Betriebe wirtschaftlich reizvoll gestalten.“Die EU investiert zunehmend in Forschungs- und Innovationsprojekte zur stärkeren Berücksichtigung der biologischen Vielfalt in landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden. Um uns einen vertieften Einblick in die Ergebnisse solcher Projekte und ihren Verlauf von der Konzeptualisierung bis zu den abschließenden Ergebnissen zu gewähren, hat SHOWCASE in der Fachzeitschrift „Research Ideas and Outcomes“ eine frei zugängliche Projektsammlung gestartet. Die Sammlung, die als übergreifendes Wissenszentrum dienen wird, vereint Forschungsergebnisse wie Teilergebnisse zur Projekthalbzeit mit traditionellen wissenschaftlichen Publikationen und bietet so ein genaueres Bild vom Projektverlauf von Anfang bis Ende.
Wie es in einer weiteren Pressemitteilung auf „EurekAlert!“ heißt, umfasst die dynamische Kollektion „insgesamt 17 Projektergebnisse, darunter der Finanzhilfeantrag, sieben Projektberichte und neun Forschungsarbeiten, die zwar in unterschiedlichen Zeitschriften erschienen, jedoch durch ihre Metadaten in der Sammlung verknüpft sind.“ Die Sammlung wird im weiteren Verlauf von SHOWCASE (SHOWCASing synergies between agriculture, biodiversity and Ecosystem services to help farmers capitalising on native biodiversity) stetig erweitert werden. Das Projekt endet 2025.
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