Wie Kunststoffchemikalien Wasserlebewesen schaden

Eine EU-finanzierte Studie hat gezeigt, dass von Kunststoffpartikeln abgegebene Zusatzstoffe und Schadstoffe im Wasser Fehlbildungen bei Embryonen von Seeigeln verursachen.

Wir alle kennen Mikroplastik und den enormen Schaden, den es in unseren Ozeanen und an Meereslebewesen verursacht. Doch Forschende haben mit Unterstützung der EU-finanzierten Projekte ASSEMBLE Plus (Association of European Marine Biological Laboratories Expanded) und EvoCELL (Animal evolution from a cell type perspective: multidisciplinary training in single-cell genomics, evo-devo and in science outreach) herausgefunden, dass nicht nur diese winzigen Kunststoffpartikel an sich schädlich sind, sondern auch die Chemikalien, die sie im Wasser hinterlassen.

In ihrer Studie, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Environmental Pollution“ veröffentlicht wurden, tauchten die Forschenden unterschiedliche Kunststoffproben in Meereswasser. Nachdem sie den Kunststoff wieder entnahmen, zogen sie Seeigelembryonen in dem Wasser, um dessen Auswirkungen auf die embryonale Entwicklung zu untersuchen. Sie fanden heraus, dass die Chemikalien in dem verunreinigten Wasser verschiedene Anomalien verursachten, so auch eine verzögerte Entwicklung, Fehlbildungen der Skelette sowie Missbildungen des Nerven- und Immunsystems.

„Wir lernen immer mehr darüber, welche Folgen die Einnahme von Kunststoff für Meereslebewesen hat“, merkt die Hauptautorin Flora Rendell-Bhatti vom EvoCELL-Projektpartner Universität Exeter in einer Pressemitteilung an, die auf der Website von „ScienceDaily“ veröffentlicht wurde. „Doch es ist nur wenig über die Konsequenzen davon bekannt, den Chemikalien ausgesetzt zu sein, die von Kunststoffpartikeln ins Wasser abgegeben wurden. Diese Studie liefert Beweise, dass die Verunreinigung der Meeresumwelt mit Kunststoff direkte Auswirkungen auf die Entwicklung von Larven und potenzielle Folgen für größere Ökosysteme haben könnte.“

Das Team verwendete drei Arten Kunststoffpellets in ihrem Experiment: neues Kunststoffgranulat für die Vorproduktion (in den meisten Kunststoffprodukten verwendet), Plastikperlen sowie Bio-Beads (schwimmende Filter, die in Abwasserbehandlungsanlagen eingesetzt werden), die an Land gespült wurden. Etwa 60 ml von jeder Kunststoffart wurden für 72 Stunden bei 18 °C in 240 ml Meerwasser eingetaucht. Das Wasser wurde anschließend gefiltert und auf Chemikalien getestet, die bekanntermaßen die tierische Entwicklung beeinflussen.Laut der Mitautorin Eva Jimenez-Guri, auch von der Universität Exeter, „wird Kunststoff häufig aus verschiedenen Gründen mit Chemikalien behandelt, zum Beispiel damit er formbar oder flammfest ist. Wenn dieser Kunststoff im Ozean landet, gehen diese Chemikalien ins Wasser über. Kunststoff kann auch Chemikalien und andere Umweltschadstoffe aufnehmen und transportieren, was zur Verbreitung im gesamten Ozean führen kann.“

Die Analysen wiesen schädliche Chemikalien, wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und polychlorierte Biphenyle, in allen verunreinigten Wasserproben nach. Alle Probenarten führten auch zu ernsthaften Entwicklungsanomalien bei Seeigeln, sowohl im Embryonal- als auch im Larvenstadium. Bei den Seeigelembryonen, die in mit Polyethylenpartikeln ohne Zusatzstoffe oder Umweltschadstoffe verunreinigtem Wasser großgezogen wurden, wurde hingegen eine normale Entwicklung beobachtet. Das deutet darauf hin, dass die beobachteten Anomalien nicht durch den Kunststoff selbst hervorgerufen werden, sondern ein Ergebnis der Belastung mit vorhandenen industriellen Zusätzen oder von der Umgebung aufgenommenen Schadstoffen sind.

Obwohl das Kunststoff-Wasser-Verhältnis, das in den Studien von ASSEMBLE Plus und EvoCELL verwendet wurde, nur in extrem verunreinigten Gewässern auftreten würde, zeigt es dennoch die dramatischen Auswirkungen von Kunststoffverschmutzung auf Meereslebewesen. „Unsere Arbeit trägt zu der steigende Beweislast bei, dass wir alle helfen müssen, die Kunststoffmenge in unserer natürlichen Umgebung zu verringern, um gesunde und produktive Ökosysteme für zukünftige Generationen sicherzustellen“, so Rendell-Bhatti abschließend.

Weitere Informationen:

ASSEMBLE Plus Projektwebsite

EvoCELL-Projektwebsite


veröffentlicht: 2020-12-24
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