Eine neue EU-finanzierte Studie zeigt, dass eine Senkung der Emissionen zur Einhaltung der Temperaturziele von 1,5 °C und 2 °C die Erwärmung innerhalb von zwei Jahrzehnten verlangsamen könnte.
Viele Länder ergreifen Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Einklang mit den Zielen des Übereinkommens von Paris. Während der Nutzen dieser Bemühungen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts deutlich werden wird, sind die kurzfristigen Erfolge der Emissionsminderung weniger klar – zum Teil auch, weil natürliche Klimaschwankungen den Einfluss des Menschen auf die globalen Temperaturen verdecken können.
Indem sie ihre Forschung auf die Auswirkungen globaler Emissionssenkungen auf die nächsten Jahrzehnte konzentrierten, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des EU-finanzierten Projekts CONSTRAIN (Constraining uncertainty of multi decadal climate projections) nun auch kurzfristige Vorteile für den Planeten identifiziert. Das Forschungsteam fand heraus, dass Bemühungen, die langfristige globale Erwärmung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu halten, selbst unter Berücksichtigung natürlicher Klimaschwankungen die Erwärmungsrate maßgeblich beeinflussen würde. Tatsächlich zeigt ihre in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlichte Studie, dass intensive Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels „das Risiko noch nie dagewesener Erwärmungsraten in den nächsten 20 Jahren um den Faktor 13 im Vergleich zu einem Szenario ohne Abmilderung reduzieren könnten.“Es wurden zwei Ansätze verwendet, um festzustellen, ob eine Reduzierung der Emissionen positive Auswirkungen auf die kurzfristigen Erwärmungsraten haben würde. Der erste Ansatz verwendete Simulationen der neuesten Klimamodelle, die im Rahmen des Coupled Model Intercomparison Project Phase 6 (CMIP6) erstellt wurden, einem gemeinschaftlichen Vorhaben, an dem Tausende von Klimaforschenden weltweit beteiligt sind. Die Simulationen wurden dahingehend eingeschränkt, wie gut sie die jüngsten Erwärmungsraten darstellen. Der zweite Ansatz kombinierte Tausende von Simulationen eines einfachen Klimamodells namens Finite amplitude Impulse Response (FaIR-Modell) mit beobachtungsbasierten Schätzungen darüber, wie sich das Klima auf natürliche Weise verändert. „Die Verbindung dieser beiden Ansätze ist vorteilhaft, weil die CMIP6-Modelle zwar umfassend sind, jedoch nicht notwendigerweise genau die beobachtete interne Variabilität repräsentieren, und CMIP6 nicht entworfen wurde, um den Bereich der Parameterunsicherheiten, welche die Temperaturprojektionen beeinflussen, vollständig zu erfassen“, schreiben die Forschenden in ihrer Arbeit. „Da sich FaIR kostengünstig betreiben lässt, kann es verwendet werden, um die Unsicherheit in den Temperaturprojektionen breiter zu erfassen als einzelne komplexe Klimamodelle.“
Unter Anwendung der beiden Ansätze führte das Forschungsteam Simulationen für verschiedene Emissionsszenarien für die nächsten 20 Jahre durch. Diese umfassten Bemühungen, die globale Erwärmung unter 1,5 °C und 2 °C zu halten, sowie einen „plausibleren Eindämmungspfad“, der die Zusagen der einzelnen Länder – genannt Nationally Determined Contributions (NDCs) – unter dem Übereinkommen von Paris beinhaltet. Diese Varianten wurden dann mit zwei Szenarien ohne Eindämmungsbemühungen verglichen: einem höchst unwahrscheinlichen schlimmsten Fall, welcher „eine Verfünffachung des Kohleverbrauchs bis zum Ende des 21. Jahrhunderts“ annimmt, und einem durchschnittlichen Fall ohne Eindämmungsbemühungen, der als Ausgangswert diente.
Beide Herangehensweisen zeigten „einen klaren Vorteil bei starken Eindämmungsbemühungen im Hinblick auf die Verringerung der kurzfristigen Erwärmungsraten“, so die Studie. Basierend auf den FaIR-Projektionen unter dem 2-°C-Szenario, ist die „Erwärmungsrate fast halb so hoch wie im angenommenen schlimmsten Fall des Szenarios ohne Eindämmung [...] und zwei Drittel so hoch wie im Durchschnittsszenario ohne Eindämmung.“ Unter dem 1,5-°C-Szenario beträgt die „Erwärmungsrate fast ein Drittel der Erwärmung im angenommenen schlimmsten Fall des Szenarios ohne Eindämmung und etwas mehr als die Hälfte der Erwärmung im Durchschnittsszenario ohne Eindämmung.“ Auch das weniger ambitionierte NDC-Szenario der Zusagen einzelner Länder ergab eine Reduktion der Erwärmung um etwa ein Drittel gegenüber dem angenommenen schlimmsten Fall des Szenarios ohne Eindämmung sowie ein Viertel gegenüber dem Durchschnittsfall ohne Eindämmungsbemühungen, der als Ausgangswert diente. Wie das Forschungsteam von CONSTRAIN in einem kürzlich auf der „Carbon Brief“-Website veröffentlichten Artikel feststellt, „können sofortige und intensive Maßnahmen gegen den Klimawandel bereits zur gegenwärtigen Lebenszeit Vorteile bringen und nicht erst in ferner Zukunft.“
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