Die Zukunft von Erdbeben in Europa im Fokus

Wo in Europa wird es in Zukunft starke Erdbeben geben? Welche Folgen werden diese Erdbeben haben? Zwei mit Unterstützung der EU entwickelte Modelle vermitteln uns ein genaues Bild.

Zwar können wir Erdbeben nicht genau vorhersagen und auch nicht verhindern, aber durch gezielte Maßnahmen zur Verringerung ihrer Schäden können wir Geld sparen und Menschenleben retten. Im 20. Jahrhundert forderten Erdbeben in Europa über 200 000 Todesopfer und verursachten Schäden in Höhe von mehr als 250 Milliarden Euro. Es stellt sich die Frage, welche wirtschaftlichen und menschlichen Verluste sie in diesem Jahrhundert verursachen werden.

Um die Auswirkungen künftiger katastrophaler Erdbeben in der EU abzumildern, haben Forschende aus ganz Europa das seit 2013 bestehende Gefährdungsmodell für Erdbeben aktualisiert und das erste Erdbebenrisikomodell für ganz Europa erstellt. Die mit Unterstützung der EU-finanzierten Projekte SERA, EPOS IP und RISE erarbeiteten Modelle verbessern unser Verständnis dafür, welche Gebiete am ehesten von starken Erschütterungen betroffen sein werden und welche Auswirkungen sich daraus ergeben.

Die beiden Modelle bilden die Grundlage für die Ausarbeitung von Abhilfemaßnahmen sowie für die Verbesserung der Resilienz europäischer Gemeinden. Was aber genau ist der Unterschied zwischen einer Erdbebengefährdung und einem Erdbebenrisiko?Die Erdbebengefährdung beschreibt, wie stark der Erdboden an einem bestimmten Ort erschüttert wird, wenn ein Erdbeben lokal oder in größerer Entfernung auftritt. Die Bewertung der Erdbebengefährdung stützt sich auf Kenntnisse früherer Erdbeben, der Geologie, der Tektonik sowie der örtlichen Standortbedingungen. Belastbare Bewertungen können unser Verständnis dafür verbessern, wie oft und wie stark der Boden an einem bestimmten Ort in Zukunft beben könnte.

Auf der Grundlage des aktualisierten Europäischen Erdbebengefährdungsmodells 2020 sind die Länder mit dem höchsten Risiko in Europa Albanien, Griechenland, Italien, Rumänien und die Türkei, gefolgt von anderen Balkanländern. „Aber auch in einigen Regionen in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Island, Norwegen, Österreich, Portugal, Slowenien und der Schweiz ist die Gefahr von Erdbeben signifikant“, heißt es auf der Website der European Facilities for Earthquake Hazard and Risk (EFEHR).Das Erdbebenrisiko beschreibt die Auswirkungen, die künftige Erdbeben auf die Bausubstanz und das Wohlergehen der Bevölkerung haben können. Um das Erdbebenrisiko zu bestimmen, benötigt die Wissenschaft Informationen über die Dichte der Bebauung und die Menschen, die Widerstandsfähigkeit der Gebäude sowie zuverlässige Bewertungen der Erdbebengefährdung, die auch die Auswirkungen der lokalen Bodenverhältnisse einbeziehen.

Das neue Europäische Erdbebenrisikomodells 2020 schätzt die Wahrscheinlichkeit von Schäden und Verlusten an Wohn-, Gewerbe- und Industriegebäuden (und den darin befindlichen Personen) durch potenzielle künftige Erdbeben. Dem Modell zufolge sind die Haupttreiber des Erdbebenrisikos ältere Gebäude, städtische Gebiete und eine hohe Erdbebengefährdung.

Städte wie Istanbul und Izmir in der Türkei, Catania und Neapel in Italien, Bukarest in Rumänien sowie Athen in Griechenland weisen ein hohes Erdbebenrisiko auf. „Allein auf diese vier Länder entfallen fast 80 % des errechneten durchschnittlichen jährlichen wirtschaftlichen Schadens von sieben Milliarden Euro durch Erdbeben in Europa“, heißt es auf der EFEHR-Website. „Aber auch Städte wie Zagreb (Kroatien), Tirana (Albanien), Sofia (Bulgarien), Lissabon (Portugal), Brüssel (Belgien) und Basel (Schweiz) besitzen im Vergleich zu weniger exponierten Städten wie Berlin (Deutschland), London (Vereinigtes Königreich) oder Paris (Frankreich) ein überdurchschnittlich hohes Erdbebenrisiko.“

Die Projekte SERA (Seismology and Earthquake Engineering Research Infrastructure Alliance for Europe) und EPOS IP (EPOS Implementation Phase) liefen 2020 beziehungsweise 2019 aus. RISE (Real-time Earthquake Risk Reduction for a Resilient Europe) endet im Jahr 2023.

Weitere Informationen:

SERA-Projektwebsite

EPOS IP-Projekt

RISE-Projektwebsite

Website von European Plate Observing System (EPOS)


veröffentlicht: 2022-09-22
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